PRTF - Perry Rhodan Technik Forum

Technik und Technologiepolitik im Solaren Imperium


(c) Martin Marheinecke 12. 04. 2000
(Eine Anmerkung vorweg: dieser Artikel wurde für ein "breites" Publikum geschrieben.
Deshalb bitte ich wegen einiger Formulierungen, die alten-PR-Hasen ein müdes Gähnen entlocken dürften, um Entschuldigung. MM)

Übergangsverhältnisse
Technik und Technologiepolitik im Solaren Imperium des frühen 21. Jahrhunderts

von Martin Marheinecke

Der große Kulturschock

Als Perry Rhodan 1971 zum Mond aufbrach, lag die "Industrielle Revolution" auf der Erde gerade einmal 200 Jahre zurück. Flugzeuge gab es erst seit rund 70 Jahren, der erste bemannte Raumflug fand vor zehn Jahren statt, die Computertechnik steckte noch in den primitivsten Anfängen und die "Atomtriebwerke" der STARDUST waren strenggenommen nichts anderes als nuklear betriebene Durchlauferhitzer. Auf dem Mond begegnete Perry Rhodan - und damit die irdischeMenschheit - einer alten Zivilisation, die mehrere zehntausend Jahre Erfahrung mit einer Technik hatte, die die kühnsten irdischen Träume übertraf. Was immer sich irdische Visionäre an künftiger Technik ausgemalt hatten - interstellarer Raumflug, intelligente Maschinen, Antigravitation, Kraftwerke im Zigarrenkästchenformat und vieles mehr - für die Arkoniden waren das schon "alte Hüte" als auf der Erde Steinwerkzeuge noch Stand der Technik waren.
Die Begegnung war ein Zivilisationsschock ersten Ranges. Um diesen Schock so sanft wie möglich zu halten, hätten Rhodan und seine Nachfolger die arkonidische Technik "tröpfchenweise", ganz allmählich über Jahrhunderte hinweg, einführen können. Nicht wenige Menschen wären sogar dafür gewesen, die Arkoniden und ihre Technik völlig zu ignorieren und einfach alles beim alten zu lassen. Allerdings zerschlugen sich diese Möglichkeiten - an die der fortschrittsgläubige Idealist Perry Rhodan ohnehin nie gedacht haben dürfte - schon bald. Nachdem der arkonidische Forschungskreuzer durch eine Verkettung unglücklicher Umstände von irdischen Kampfraketen zerstört worden war, trat ein automatischer Notsender in Funktion. Die Notsignale lockten prompt eine reiche Auswahl an potentiellen Plünderern an - Fantan-Leute, Individualverformer, Topsider, Springer. Hinzu kam ab den frühen 1980er Jahren die Bedrohung durch den arkonidischen Robotregenten. Die Erde hatte keine Wahl: Sie mußte innerhalb kürzester Zeit eine respektable Raummacht aufbauen, wenn sie nicht kurz über lang als Kolonialplanet von außerirdischen Mächten ausgeplündert werden wollte.

"Fortschritt für alle" oder "Aufbau der Raumfahrt in einem Land"?

Der schnellste Weg, die Erde "raumtüchtig" zu machen, wäre die Anwendung von Zwang gewesen. Ganze Bevölkerungen wären hypnogeschult worden. Die vorhandene Industrie wäre stillgelegt und durch völlig neue Anlagen nach arkonidischem Muster ersetzt worden, auch wenn in der Übergangszeit Versorgungsengpässe unvermeidlich gewesen wären. Der Widerstand gegen diese "Umgestaltung" wäre wahrscheinlich so heftig geworden, daß er nur mit Gewalt hätte gebrochen werden können. Der Kulturschock wäre jedenfalls gewaltig gewesen und hätte möglicherweise auf längere Sicht den kulturellen Tod der Erde bedeutet.
Ein anderer Weg wäre der "Aufbau der Raumfahrtindustrie in einem Land" gewesen - und tatsächlich schlug die von Perry Rhodan gegründete "Dritte Macht" diesen Weg zeitweilig ein. Die Terraner konnten sich langsam an die neue Situation gewöhnen. Nach dem Schock der im wesentlichen auf die Begegnung mit Außerirdischen unvorbereiteten Menschheit blieb ihr eine schnelle technische Revolution von "oben" erst einmal erspart. Der größte Teil der Erde blieb in der Tat - bis auf die Invasion der Springer - zwischen 1972 und 1984 von den Aktivitäten der "Dritten Macht" und ihrer außerirdischen Gegner verschont. Dieser Weg eignete sich außerdem gut, um schnell eine gewisse industrielle Basis und den Kern einer Raumflotte aufzubauen.
Allerdings zeigte sich schon bald, daß die Ressourcen eines Kleinstaates kaum ausreichten, um auch nur eine bescheidene Raumverteidigung zu schaffen. Hier nun wurde Homer G. Adams "General Cosmic Company" aktiv: Sie veräußerte arkonidische Technik an irdische Hochtechnologie-Unternehmen, was gleich einen dreifachen Nutzen für die "Dritte Macht" abwarf. Die GCC beschaffte auf diese Weise das für den Aufbau der eigenen Industrie nötige Kapital, sie erwarb sozusagen als Nebeneffekt Mehrheitsbeteiligungen an verschiedenen Großunternehmen, wodurch sie eine Wirtschaftsmacht ersten Ranges wurde, und sie sorgte dafür, daß die irdische Industrie innerhalb kurzer Zeit gründlich und ohne Zwang modernisiert wurde. Zwar vorerst ohne "5-D" Technik wie Sprungtriebwerke oder Hyperfunk, aber immerhin ein Sprung über einige Jahrtausende technischer Entwicklung.
Früher oder später hätte dieser Weg die Erde ebenfalls geeint - nur wäre er wahrscheinlich zu langsam gewesen. Um ein Haar wäre eine noch ungünstigere Möglichkeit Wirklichkeit geworden, wenn Rhodan bei der Suche nach dem "Planeten des Ewigen Lebens" umgekommen wäre. Sein Stellvertreter Michael Freyt, dessen Eigeninitiative aus (übertriebenen?) Sicherheitsüberlegungen durch eine Hypnoblockade eingeschränkt war, hätte den eingeschlagenen Weg stur fortgesetzt. Eine auf relativ bescheidenem technischen Niveau stehende und politisch auf Freyts starres Programm festgelegte, psychologisch auf Außerirdische kaum vorbereitete Erde wäre die Folge gewesen!
Es blieb letztlich auf längere Sicht keine andere Wahl, als die ganze Menschheit an den Segnungen arkonidischer "Supertechnik" teilhaben zu lassen.

Gemischte Technologie - Folge des "schonenden Übergangs"

Die Zeit der "geeinten Erde" und die Frühzeit des Solaren Imperiums - also die Epoche zwischen der vorgetäuschten "Vernichtung" der Erde 1984 und dem "Fall Kolumbus" 2044, als sich die Position der Erde nicht länger vor dem arkonidischen Robotregenten geheimhalten ließ - war in jeder Hinsicht eine Zeit des Übergangs.
Für diese Epoche - im Grunde genommen auch noch für die Jahrzehnte danach - ist eine "gemischte" terranisch/arkonidische Technik typisch. Dafür gab es mehrere Gründe. Der wichtigste war der schon angesprochene wirtschaftspolitische Aspekt. Die ganze irdische Industrie auf einen Schlag völlig neu aufzubauen, wäre ein nicht zu bewältigender Kraftakt gewesen. Auch aus psychologischen und soziologischen Gründen erschien ein "schonender" Übergang zur neuen Technik vorteilhaft, was dadurch erleichtert wurde, daß für viele Anwendungen "irdische" Technik auch im "kosmischen Zeitalter" durchaus ausreichte. Es gab sogar Gebiete, z. B. bei der Erschließung von Kolonialplaneten, in denen "einfache, solide Erdtechnik" der manchmal "überzüchteten" arkonidischen Technik vorzuziehen war.
Ein anderer wichtiger Grund war die Geheimhaltung: Aus Sicherheitsgründen durften bis 2044 weder interstellare Raumschiffe noch Hyperfunkgeräte in die Hände letztlich unkontrollierbarer Privatleute geraten. Außerdem wurden in dieser Phase alle Mittel vorrangig für die fieberhaft aufgebaute Raumflotte benötigt - für den Aufbau einer "Luxusindustrie", die z. B. private Fluggleiter herstellte, standen vorerst kaum Mittel zur Verfügung.

Das Solare Imperium um das Jahr 2000

Die technische Entwicklung kann nicht von der politischen getrennt gesehen werden. Werfen wir also einen Blick auf das Solare Imperium etwa zehn Jahre nach seiner Gründung, also um das Jahr 2000.
Es war nach wie vor ein "Imperium in der Gründungsphase", in vielen Bereichen noch mehr "Staatenbund" als "Bundesstaat". Es gab zwar schon eine "Solare Verfassung", mit einem direkt gewählten Solaren Parlament und einem ebenfalls direkt gewähltem Präsidenten ("Erster Administrator") - aber die davon unabhängige "Erdregierung" mit eigenem Kabinett, die sich um das Tagesgeschäft der "Weltinnenpolitik" kümmern sollte, war noch weit davon entfernt, eine schlagkräftige Exekutive zu sein.
Es gab eine enge wirtschaftliche Kooperation der Bundesstaaten, die Globalisierung der Wirtschaft war weitgehend vollzogen, und es gab eine gemeinsame Währung, den "Solar", der seit 1990 schrittweise eingeführt wurde. Manchmal unter "sanftem Zwang" verzichteten die terranischen Staaten auf eigene Streitkräfte, die verglichen mit der Solaren Flotte ohnehin etwa so wirksam wie Bogenschützen gegen eine Panzerarmee gewesen wären. Allerdings hatten die ca. 200 Bundesstaaten noch ein sehr hohes Maß an Souveränität. Die gesellschaftlichen Verhältnisse unterschieden sich zum Teil drastisch. Es war nicht einfach gewesen, überall auch nur halbwegs demokratische Regierungen einzuführen und strenge Mindeststandards bei Menschenrechten und im Umweltschutz durchzusetzen. Die "terranische Gesetzgebung" steckte noch in den Kinderschuhen.
Der "arkonidischen Supertechnik" kam bei der trotzdem recht schnellen Einigung der Erde eine Schlüsselrolle zu. Kein Staat, keine soziale Gruppe, kein Unternehmen wollte auf diese Technik verzichten. ("Erst kamen die kleinen und die schwarzen Schafe und später fanden sich auch die großen ein, um beim Weihnachtsfest auch ein paar Geschenke ergattern zu können." Julian Tifflor)
Da Rhodan auf regionale Besonderheiten und "nationale Identitäten" geschickt Rücksicht nahm, gab es nur wenig ernsthaften Widerstand gegen die Einigung. Allerdings darf man die im Hintergrund stehende Bedrohung von außen, die gewaltige militärische Überlegenheit der Solaren Flotte und die enorme wirtschaftliche Macht der GCC, die sich dank politischer Rückendeckung über alle Kartellgesetze hinwegsetzen konnte, dabei nicht außer acht lassen.

Raumfahrt

Die interstellare Raumfahrt wurde in der Anfangsphase ausschließlich mit Raumschiffen nach arkonidischem und springerischem Muster bewältigt. Es gab nur wenige, vorerst kleine, extrasolare Kolonien, die aus Sicherheitsgründen möglichst weiträumig verteilt waren. Sie waren von Anfang an relativ selbstständig, um den Flugverkehr möglichst gering zu halten. Daneben gab es ein Netz aus militärischen Stützpunkten, eine größere Handelsniederlassung im Wega-System und mehrere kleine Handelsstützpunkte. Der interstellare Handelsverkehr wurde aus Sicherheitsgründen ausschließlich von einer staatlichen Raumreederei betrieben, die de facto der Solaren Flotte unterstellt war. Erst nach dem "Fall Kolumbus" 2044 wurde private interstellare Raumfahrt zugelassen. Die interstellare Handelsflotte war deshalb noch sehr klein, die Solare Kriegsflotte war größer, allerdings selbst gegen Mitte des 21. Jahrhunderts mit einigen tausend Schiffen im galaktischen Maßstab drittrangig. Ab 2036 wurden die ersten reinen Forschungsschiffe der lange Zeit im Solaren Parlament umstrittenen Explorerflotte gebaut.

Bei der unterlichtschnellen interplanetarischen Raumfahrt lagen die Dinge anders. Nachdem die Impulstriebwerke und die Inerter-Technik, die Andruckabsorber und Antigrav ermöglichte, zur Verfügung standen, entwickelte sich die interplanetarische Raumfahrt seit den 1970er Jahren explosionsartig. Schon 1979 konnte der damalige Ostblock zwei primitive interplanetarische Flotten für die Invasion der Venus einsetzen. Die meisten interplanetarischen Raumschiffe waren terranische Neukonstruktionen, wenn auch oft nach arkonidischem Gundmuster.
Um die Jahrtausendwende wuchs die interplanetarische Handelsflotte dramatisch an - auch die private. Der Bedarf war allerdings gewaltig, denn es gab um 2000 schon umfangreiche Siedlungen auf dem Mond, die Terraforming-Projekte auf Mars und Venus mit ersten Siedlungen schritten voran, und auf allen solaren Planeten und den wichtigsten Monden existierten ständig bemannte Stützpunkte. Der Asteroidenbergbau lief an und es gab zahlreiche Raumstationen bis zur Größe einer Kleinstadt.

Energieversorgung

Mit dem Eintritt in das "kosmische Zeitalter" endete die Zeit des unbekümmerten, auf kurzfristige Profitinteressen angelegten Raubbaus an den natürlichen Ressourcen der Erde. Schon recht bald nach der Einigung der Erde ging die Verwendung fossiler Energieträger (Kohle, Erdöl usw.) stark zurück. Vermutlich war das die Folge des Denkens in langen Zeiträumen, das nun in die Politik Einzug gehalten hatte - man dachte über den nächsten Wahltermin und die nächste Jahresbilanz heraus. Die begrenzten Kohle, Öl und Erdgasvorräte der Erde waren als Rohstoffe für die wegen der "kosmischen Expansion" rasant expandierende chemische Industrie vorerst nicht zu ersetzen und somit "zu schade zum Verbrennen". Das langfristige Denken schuf - wie der "einheitliche Wirtschaftraum Sonnensystem", der ein "Öko-Dumping" nicht mehr zuließ - gute Vorraussetzungen für eine ökologisch orientierte Politik. (Zyniker meinten, die meisten terranische Politiker und Wirtschaftführer kümmerten sich deshalb nicht um das Elend, das sie künftigen Generationen hinterließen, da sie es nicht selber miterleben würden. Das sei bei Perry Rhodan nicht der Fall.)
Die CO2-Emissionen, die beim Verbrennen weiterer fossiler Brennstoffe freigesetzt würden, hätten durch den zusätzlichen Treibhauseffekt eine starke Erwärmung der Erde zur Folge gehabt. Weltökonomisch gesehen hätte der Aufwand, den Klimakatastrophen hervorriefen (abgesehen von dem "ökonomisch irrelevanten" menschlichen Leid) bei weitem die Profite der "Klimagewinnler" überstiegen. Solche Überlegungen konnten sich in einer "Weltökonomie", bei der nicht nur die Märkte der transnationalen Unternehmen globalisiert waren, leicht durchsetzen.
Die primitiven Kernspaltungsreaktoren des 20. Jahrhunderts wurden wegen ihrer Sicherheitsrisiken und der enormen Mengen hochradioaktiver langlebiger Isotope, die sie als "Atommüll" produzierten, stillgelegt. Fusionskraftwerke arkonidischer und auch ferronischer Bauart hatten diese Nachteile nicht und verwendeten mit Deuterium (schwerem Wasserstoff) einen in den Meeren der Erde reichlich vorkommenden "Brennstoff". Dennoch wurde der Einsatz regenerativer Energie, vor allem der Sonnenenergie, massiv gefördert. Man wollte, durch schlechte Erfahrungen klug geworden, nicht alles auf eine Karte setzten und dadurch verwundbar werden. Der Bau eines Fusionskraftwerks war außerdem vergleichsweise teuer, so daß z. B. Solarkraftwerke, die um 2020 einen elektrischen Wirkungsgrad von über 25 % erreichten, durchaus konkurrenzfähig waren. Hinzu kommt, daß die regenerative Energiegewinnung eines der wenigen Gebiete war, auf denen die irdische Technik nicht hoffnungslos hinter der arkonidischen herhinkte. Es war also auch psychologisch klug, die Energiegewinnung aus "Sonne, Wind und Wasser" zu fördern.

Verkehr

Für den terranischen Normalbürger war die "gemischte" Technik im Verkehr am auffälligsten. Der interkontinentale Flugverkehr wurde durch die suborbitalen Hyperschallflugzeuge ("Stratosphärenklipper) mit Thermopuls- und Impulstriebwerken revolutioniert. Diese Klipper wurden von etablierten Flugzeugherstellern wie Boeing, Asian Aerospace oder Airbus Industries, die allerdings kapitaltechnisch gesehen alle längst Tochterunternehmen der GCC waren, gebaut. Weniger technische Neuerungen gab es bei Kleinflugzeugen und Helikoptern, die noch um 2040 den terranischen Luftraum dominierten - Antigravgleiter waren noch nicht allgemein verfügbar, da die Inerter-Fertigung eine extrem aufwendige Industrie war und außerdem fast ihre gesamte Produktion für die Raumfahrt benötigt wurde. Energiespeicherzellen und Mikro-Fusionsreaktoren ließen sich einfacher herstellen, so daß Gasturbinen und Kolbenmotoren langsam aber sicher aus der Luftfahrt verschwanden. Computergesteuerte Verkehrsleitsysteme und "intelligente" Autopiloten, die einen sicheren unbemannten Flug ermöglichten, begünstigten einen dichten Flugverkehr. Es gab z. B. um 2040 in vielen Großstädten "Robot-Helikoptertaxis".
Eine kuriose Mixtur gab es im Eisenbahnverkehr. Viele transkontinentale Strecken waren auch im 21. Jahrhundert wegen der hohen Kosten noch nicht elektrifiziert. Hier boten "Atomzüge" eine preisgünstige Alternative: An konventionelle E-Loks wurden "Umformertender" angekoppelt, in denen Mikrofusionsreaktoren den Fahrstrom erzeugten.
Bodengebundene Fahrzeuge - sogenannte Autos - fuhren ab der Jahrtausendwende fast ausschließlich mit Elektromotoren terranischer Bauart und waren auch sonst technisch gesehen fast rein terranisch. Die einzige Ausnahme waren die Energiespeicherbänke nach arkonidischem Muster, die dem Elektroantrieb enorme Vorteile gegenüber allen Verbrennungsmotoren verschaffte. Die E-Speicherbank eines Personenwagens war nicht größer als die bei Verbrennungsmotoren übliche "Autobatterie". Elektromotoren kamen mit einfacheren und damit kleineren Getrieben als Verbrennungsmotoren aus, einmal Aufladen reichte für rund 10.000 km bei voller Motorenleistung, und da der Ladestrom in der Regel "von der Sonne" kam, waren E-Autos außerdem noch erheblich umweltfreundlicher. Zur Verwunderung vieler Ökonomen starb die "Tankstelle" keineswegs aus - für die meisten dieser straßennahen Einzelhandelsgeschäfte war der Kraftstoffverkauf ohnehin nur noch ein wenig rentables Nebengeschäft.

Computer und Kommunikation

Am schnellsten und gründlichsten veränderte sich um die Jahrtausendwende der Sektor "Kommunikation" und die damit eng verflochtene Computerindustrie. Erstaunlicherweise hatten Positroniken nach arkonidischem Muster dabei lange Zeit nur eine untergeordnete Rolle. Für die Fertigung von Positronik-Chips galt im Prinzip dasselbe wie für die Inerter-Industrie: sie war aufwendig, teuer - und die meisten Chips gingen an die Raumflotte. Positroniken wurden deshalb lange Zeit nur im "High End"-Bereich eingesetzt, während die "Computer für jedermann", die sogenannten Personal Computer (PCs) bis ca. 2020 ausschließlich mit elektronische Prozessoren und Speicherchips arbeiteten. Unter Industriehistorikern ist dabei umstritten, ob die Positronik die Entwicklung der elektronischen Computer eher behinderte oder - durch anspornendes "Vorbild" - eher förderte. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß die Leistungsfähigkeit eines "normalen" Computers des Jahres 2000 auch ohne die Begegnung mit den Arkoniden den selben hohen Stand gehabt hätte. Selbst das "Internet" genannte allgemeine sonnensystemweite Computernetz hätte es wahrscheinlich auch ohne die "positronische Revolution" gegeben.
Kein Zweifel besteht dagegen daran, daß die Kommunikationsnetzwerke von der schnellen politischen Einigung der Erde und der "neuen" Technik profitierten. Dank der arkonidischen Raumfahrttechnik spielten Startkosten für Satelliten kaum noch eine Rolle, und arkonidisches "Know How" auf dem Gebiet der Laseroptik verbesserte die vorhandene Glasfasertechnik drastisch. Seit den 1980er Jahren gab ein weltweites digitales Breitbandnetz. Multifunktionelle Telekommunikationsgeräte, kurz "Telekoms" genannt, die die Funktion herkömmlicher Bildtelefone, Computerterminals, Faxgeräte usw. vereinten, lösten die primitiven Telefone innerhalb weniger Jahre ab. Ein Mobiltelekomnetz, das ab ca. 1990 die gesamte Erdoberfläche lückenlos abdeckte, führte schnell dazu, das Armbandtelekoms bald so verbreitet waren wie zuvor Armbanduhren. Die Kommunikationskosten fielen drastisch: Telekom- und Internetnutzung waren ab ca. 2000 faktisch gratis.
Arkonidisches "Know How" verhalf dem bald nur noch "Trivideo" genannten 3-D-Fernsehen zum Durchbruch. Holographische Speicherkristalle, die der arkonidischen Norm auch in der Qualität voll entsprachen, wurden von terranischen Fabriken ab Mitte der 1990er Jahre in großer Stückzahlen produziert. Sie lösten herkömmliche Datenträger wie Disketten und magnetischen Festplatten bald ab und ersetzten in der Unterhaltungselektronik die damals gebräuchlichen Compact-Disks und Videobänder.

Auch in anderen Bereichen der Hochtechnologie, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann, vor allem in der chemischen Industrie und der Biotechnologie, verschmolzen terranische und arkonidische Technik erstaunlich schnell und reibungslos. Es darf jedoch nicht verschwiegen werden, daß die Technologiepolitik des 21. Jahrhunderts auch ihre fragwürdigen Seiten hatte. Ein drastisches Beispiel ist die Gentechnik, die damals - tatsächlichen oder vermeindlichen "Sachzwängen" gehorchend - ethische Grenzen, die im späten 20. Jahrhundert als unumstößlich galten, überschritt. Um auch Planeten mit für "normale" Menschen unverträglichen Lebensbedingungen besiedeln zu können, schreckte man selbst vor Eingriffen in das menschliche Erbgut nicht zurück und schuf Umweltangepaßte wie die Epsaler.

*

Im Nachhinein läßt sich feststellen, daß es sich bewährt hat, daß Rhodan auf den schnellen, gewaltsamen Weg einer Indoktrinierung nach arkonidischen Vorbild verzichtete. Die vergleichsweise lange Übergangzeit war sicherlich ein Risiko angesichts der drohenden Gefahr. Aber diese Zeit des "Versteckspiels" erlaubte es den Terranern, den Schock des Erstkontakts zu überwinden und sich selbstbewußt, offen und neugierig dem Kosmos zu stellen.


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